Silverrudder 2022

Bericht zum Silverrudder 2022
Silverrudder 2022 – wieder ein besonderes Erlebnis – ganz gleich mit welchem Teilnehmer
man sich unterhält – 15.09.2023 ist für fast alle als Termin wieder gesetzt.
Die Meldemöglichkeit hierzu wird am 05.03.2023 18:00 Uhr geöffnet und wie jedes Jahr wird
die max. Anzahl mit 450 Seglern wahrscheinlich um spätestens 20:00 Uhr erreicht sein.
7 Boote aus der SVB hatten für 2022 gemeldet – im laufenden Jahr kommen jedoch Zwänge
aus dem Leben, welche die Teilnahme von 5 Booten verhinderten. Somit haben sich aus der
SVB die „Coriolis“ mit David Kortmann und die „Grand Cru“ auf den Weg nach Svendborg
gemacht. Da für Donnerstag sehr starker Wind angesagt war füllte sich am Mittwoch der
Stadthafen schon bis auf den letzten Platz, quer über den Hafen wurden die Päckchen gestaut
und miteinander vertäut.
Schnell fanden sich unterschiedlichste Eigner zu Gruppen zusammen und der Donnerstag
wurde mit Einchecken, Basteln, Trimmen, Einkäufen, Fachsimpeln, Tauchen,
Sicherheitscheck, Briefing, Weatherreport sowie Abendessen verfüllt und nachdem klar war
wie Fünen umrundet werden soll – die große Frage der Segelwahl.
Eine einheitliche Meinung in unserem Kreise mit Olaf Timm aus Meldorf sowie Michael
Haacke aus Bremerhaven konnte nicht gefunden werden – geht auch nicht – wie soll es für
einen Hanseat 69, eine Dehler 34, eine Dufour 34 sowie eine X-35 OD mit diesem Rundkurs
um Fünen, stark wechselnden Windstärken und Windrichtungen eine Einheitlichkeit geben.
So war die Qual der Wahl jedem wieder selbst überlassen, was nicht unbedingt den durchaus
wichtigen Tiefschlaf vor dem Start förderte.
Freitagmorgen aufstehen, duschen, Kaffee kochen, Brote schmieren, Getränke usw. in Spüle
bereitlegen, ein letztes Mal die Feinheiten der Kurse durchdenken, Segel umstapeln und das
„richtige“ Segel anschlagen.
Vorhersagen:
Strom: Südstrom im großen und kleinem Belt, gewisser Weststrom nördlich Fünen
Wind: Start: West, 22 -24 kn,, nachmittags abnehmend auf NW drehend 5 – 7 kn, abends
zunehmend 15 – 18 kn langsam W drehend, nachts 20 -22 kn W-NW, morgens abnehmend W
10 kn, mittags / nachmittags W 3 – 5 kn, abends / nachts W-NW 25 – 30 kn mit Gefahr von
Sturmboen bis 40 kn.
Klar war, wie bei jeder Regatta, so schnell wie möglich im Ziel zu sein (schlauer Spruch) –
wenn es geht bis Samstagmittag ansonsten wird die Reise hier und da schwer, äußerst schwer
ohne Wind und Gegenstrom bei der Großen Belt Brücke, Nord und Nordwestlich Fünen (alte
Welle, wenig Wind), Windstille im kleinen Belt, Starkwind auf Südkurs und Schwachwind
bei Gegenstrom im Svendborg Sund.
Ich glaube David hat alles mitgenommen und hierbei auch noch mit einem klemmenden
Genuafall 1 Stunde gekämpft.
Die Teilnehmer / Konkurrenten sind alles freundliche Segler und niemand gönnt dem anderen
was schlechtes. Wenn einer mit der Tütte auf der Fresse liegt, alles schlägt, ballert und knallt
und der gute Mensch kämpft mit der Blase bis zur Schnappatmung, dann hoffen alle anderen
für ihn, dass nichts passiert ist.
Der größte Feind hier bis du selbst – der will aufgeben, der treibt mit dir Richtung Omö, der
will schlafen, der hat keine Lust mehr die Segel zu wechseln oder zu trimmen, der will mit
dem Strom Richtung Kiel segeln, der hält dein Boot fest, obwohl du weiter willst, der will mit
dir durch eine Brückendurchfahrt die nicht passt, der fällt ab wenn du anluven möchtest, der
will essen wenn eine Wende ansteht und möchte auf der Kreuz bei 24 kn auf die Toilette.
All diese Dinge hat David zu 100 % mitgenommen und ist erstmalig als Finisher ins Ziel
gekommen – Hochachtung hierzu.
Ja und bei mir.
Mit der 3 und vollem Groß, wohl des Wissens ca. 1,5 h wird es mit leichtem Wind schwer,
ging es los.
Pünktlich um 11:00 Uhr gestartet, rauschende Fahrt bei Gegenstrom – vor mir eine X-99
(Anmerkung: eine X-99 hat lediglich 1,75 m Tiefgang), welche durch eine landseitig einer
Untiefe liegende 10 m breite Rinne fuhr. Sollst du folgen oder sollst du nicht, ja oder nein?
Niemand nimmt dir binnen Sekunden diese Entscheidung ab. Jein war auch schlecht, folglich
war ich etwas zu weit nach luv und habe die Untiefe mitgenommen. Wie, was – ist
Silverruder 2022 5 Minuten nach dem doch so perfektem Start zu Ende? Kann doch nicht
sein. Groß voll dicht, Genua voll in Luv dichtgekurbelt und mit 35 ° Grad Schlagseite gleite
ich ganz langsam von der Untiefe zur landseitigen Rinne. Mit 10 – 20 cm Wasser unterm Kiel
ging es weiter, gefolgt von einem Schlauchboot, in dem ein mir nicht bekannter Lotse drinnen
saß – die X war schon um die Ecke, so dass ich den Weg aus der Rinne selbst finden musste.
Kleine Anmerkung nach Karte ist im Bereich der Ausfahrt 0,3 – 0,5 m als Flachwasserzone
vermerkt. Mit kleinen leichten Handbewegungen hat der Lotse mehr Bb, mehr Stb signalisiert
und mich über die Rinne wieder dem Tiefwasserweg zugeführt. (ob ich diese nochmal nutzen
werde – schaun´wir mal !)
Ausgang Sund: hier würde jetzt für 3,0 sm Spinnaker gehen – die X-99 macht es und gleitet
mit max. Speed los – der folgende Sonnenschuss hielt mich zurück. Kurz vor mir reit sich die
X wieder ein und umrundet das Thurö Rev mit max. 20 cm Wasser unterm Kiel. Ihr folgend
fehlte bei mir ein wenig Wasser und ich verspürte einen kurzeitigen leichten Speedverlust.
Endgültige Entscheidung meinerseits: diese X kann machen was sie will, ich segele jetzt mein
Weg.
Bis zur Brücke versuchten wenige mit Code o.ä. zu hantieren – 80 % hiervon sind bei dem
Wind und der Richtung gescheitert.
Mein Brückenfeld sollte 47 – 48 mit 14,6 m Durchfahrtshöhe werden, Masthöhe über Wasser
Grand Cru 15,3 m, und wen treffe genau hier wieder die X-99 – aber ich bin mir zu 100 %
sicher, dass passt.
Nach der Brücke sollte der Wind abnehmen und auf NW drehen. Der Gegenstrom
ambitioniert fast alle mit voller Höhe an die Küste nach links zu segeln. Bei angesagtem
Rechtsdreher nach links segeln ist schlecht, könnte jedoch durch Stromvorteil kompensiert
werden, aber dann nur ganz unter der Küste und das bei wenig Wind und Windabdeckung.
Nein mache ich nicht, bleibe mit vorerst leicht geschrickten Segeln auf der rechten Feldseite
und nutze den Stromschatten von Romsö. Dahinter geht’s an die Kante Fünens nach Norden,
es läuft, ich fühle mich in guter Gesellschaft. Der Wind ist auf NW und nimmt wieder zu, eine
Wende um die Nordspitze und Aebelö liegt mit dichten Segeln fast an. Die Windstärke liegt
so bei 15 – 16 kn, sternklare Nacht und milde Temperaturen sowie vor allem nach hinten eine
schier endlose Lichterkette mit roten und grünen Posis, einfach traumhaft.
Irgendwie steht hier vor mir jemand Höhe, Aebelö ist kanpp zu erreichen, einen Schlag nach
draußen – der Strom ist dort sicherlich besser – der Wind dreht etwas westlicher
Mit echt gutem Speed geht es 21:30 Richtung kleinen Belt, der Strom schiebt und
unproblematisch geht es kurz vor Mitternacht an Middelfart vorbei.
Ausgang kleiner Belt erkenne ich die gleichen Boote (eine X-34, eine X-332) wieder, mit
denen ich die Nordspitze Fünen umrundet habe.
Wolfgang, der mich mit Infos und aktuellen Wetterdaten versorgt hat meldet sich ab zum
Schlafen. Meine Platzierung immer so 20 -22.
Kleinen Belt geht es vorerst mit ca. 120° Windwinkel und bei 20 – 22 kn Wind nach Süden.
Querab Assens treffe ich die Entscheidung Spi zu segeln, Randbedingungen Mondschein,
Wind aus 140 °, Stärke 25 kn., tolles stabiles Segeln ohne rumgeschaukel und sehr gutem
Speed. (9 – 11 kn).
Bei Lyö stand eine Halse an – demnach Spi weg, Halse und dann mal gucken. Das
Spigeschirr wurde umgeschifftet aber die Nacht, die Welle und der absolut platte Lacken hielt
mich vorm erneutem Setzen des Spis vorerst zurück.
Es fing an zu dämmern, in unmittelbarer Nähe war kein Konkurrent und alle segelten mit
Genua und Groß.
Vor Skarö war erkennbar, dass die Boote im Eingang zum Sund deutlich, bedingt durch
Gegenstrom, abnehmenden Wind und Abdeckung, langsamer wurden. Der Spi muss jetzt
wieder hoch, die einen und anderen hinter mir machen es auch, Großkreis nach Lee segeln
(weniger Strom, mehr Wind). Das klappte nochmal sehr gut.
Zwischen der Insel Iholm und dem Ziel wurde es nochmal mit der Brücke, dem sehr wenigen
Wind, Gegenstrom sowie den angrenzendes Flachs spannend – nicht ausruhen, alles geben bis
zum Ziel.
Ja, um 09:15 Uhr war es dann geschafft – ich aber auch.
Samstag wurde aufgeräumt, gechillt, geschlafen, ein paar Bier getrunken, gemeinsam
gegessen und Sonntag um 10:00 Uhr die Rückreise über Kiel angetreten bei nochmal
anspruchsvollem Wind. In Holtenau ein letztes Mal zusammen den Ausblick und das Essen
genossen und nach einem Absacker und ausgeschlafen ging es Montag durch den Kanal nach
Hause.
Ein paar abschließende Zahlen:
gemeldet: 434
gestartet: 320
Gruppe Kielboot small: 69 gestartet, Volker Paatz, Platz 40, in 26h:53m:38s
Gruppe Kielboot medium: 105 gestartet, David Kortmann, Platz 76, in 36h:26m:37s
Rainer Gosch, Platz17, in 22h15m50s
Olaf Timm hat Platz 12 mit nicht ganz 22 h erreicht, Michael Haacke Platz 15 mit 22h 10
min..
Dieses Jahr haben 10 Frauen teilgenommen, welche sich zusammen in mehreren Seminaren
auf diese Regatta vorbereitet haben.
Alle haben gesagt im nächstem Jahr sind sie wieder dabei – obwohl, oder vielleicht auch
gerade deshalb, die eine oder andere aufgegeben hat. Eine Elbseglerin sagte mir, ihr fehlten
zuletzt einfach die Kräfte für eine weitere Nacht – irgendwo sind es doch alles Finisher, wenn
nicht in diesem Jahr dann im nächsten.
Mir wurde mal gesagt: dass ist doch langweilig alleine die Regatta zu segeln.
Ich kann nur sagen „nööö“ und viele viele Teilnehmer aus den Jahren 2012 – 2022 sehen dies
auch so. „Lange Weile ist was Anderes !“
Rainer Gosch

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